KAPITEL 2.
H.W. Riehl, der durch seine
Beschreibungen des Westerwaldes bekannt ist, weiß von den Westerwäldern zwar
viel Gutes zu berichten, doch kann das alles nicht die trüben Farben verdecken,
mit denen das Bild unserer Heimat gemalt ist. Er rühmt die Genügsamkeit der
Westerwälder und weiß von dem welthistorischen Ruf der Westerwälder Faust zu
berichten, wenn sie Schläge austeilt. Er zählt den Westerwald zu denjenigen
Gegenden, von denen dereinst der Odem eines naturfrischen Volksgeistes wie
Waldesluft über die Ebenen neubelebend hinwehen werde, wenn die Mittagssonne
dort bereits die Zivilisation versengt habe. Er stellt auch dem Westerwald in
Aussicht, dereinst das „Land der armen Leute“ gewesen zu sein, wenn erst die
Schätze, die noch in der Erde schlummern, an’s Licht gezogen und von den
Westerwäldern selbst verarbeitet würden. Aber das alles kann die trüben Farben
nicht verdecken, mit denen das Bild vom Westerwald gemalt ist, eines Stück
Landes, wo die materielle Not und das soziale Elend das Bürgerrecht seit ewigen
Zeiten gehabt haben und „der einzige Erwerbszweig in dem langen Westerwälder Winter
das Schneeschaufeln ist.“
Es soll aber dabei nicht
vergessen werden, daß der Westerwald auch das Land der „freien Bauern“ war, die
keine Knechte und keine Leibeigene sein wollten. 3 Kirchspiele des hohen
Westerwaldes zeichneten sich bis zum Ausgang des 16. Jahrhunderts besonders
aus: Emmerichenhain, Marienberg und Neukirch; sie bildeten die Mark, die Herrschaft oder auch die Vogtei
zum Westerwald. Keine Burgen oder Burgsitze als Stätten, von denen Zwang
und Leibeigenschaft ausgeht, haben jemals in den Grenzen dieses Gebietes
gestanden. Die Westerwälder in diesen Kirchspielen waren freie Leute; die Luft
hier oben machte frei. Dieser Geist hat sich auch in der Arbeitnehmerbewegung
fortgesetzt.
Nicht umsonst heißt es in zwei
Strophen des Westerwaldliedes:
„Es liegt ein Wald im Westen,
Genannt der Westerwald;
Da sieht man keine Festen,
Die Zeichen der Gewalt;
Man sieht da kahle Berge
Und Felsen von Basalt;
,Das ist der Wald im Westen,
Das ist der Westerwald!’…
Wo stolz des Mannes Blicke
Den Fremden treffen kalt,
Wo sich kein Rücken beuget
Vor Unrecht und Gewalt;
Wo deutsche Kraft und Treue
Noch wohnt bei Jung und Alt,
,Da sind der Freiheit Höhen,
Da ist der Westerwald!’…“
Wegen des sozialen Elends ist es
verständlich, wenn die Bevölkerungsstatistiken des 19. und 20. Jahrhunderts massive
Wanderungsverluste aufweisen, und zwar teilweise durch Binnenabwanderung von
den kargen Westerwaldhöhen in die umliegenden Täler, Stadt- und
Industriebezirke oder aber durch Auswanderung.
Ich persönlich weiß von meinem
Vater und seinen Geschwistern, daß sie im benachbarten Siegerland im Bergbau beschäftigt
waren, am Samstag zurück nach Kirburg kamen, sich einen Rucksack voll
Verpflegung holten und am Sonntagabend dann für eine Woche wieder ins
Siegerland marschierten.
Von den Bauhandwerkern ist auch
bekannt, daß sie alljährlich im Frühling in die Ferne zogen und erst im
Spätherbst zurückkehrten.
Die Probleme des Handwerks,
Handels und Gewerbes habe ich nicht in diese Chronik einbezogen, da dieser Themenbereich
ihren Umfang sprengen würde.
2.1 Bergbau
2.1.1 Erzbergbau
2.1.2 Braunkohlenbergbau
2.2 Steine und Erden
2.2.1 Basalt
2.2.2 Quarzit
2.2.3 Ton
2.2.4 Schiefer
2.3 Sonstige
2.3.1 Eisen- und Metallverarbeitung
2.3.2 Leder- und Lederwaren-Industrie
2.3.3 Holz- und Säge-Industrie
2.3.4 Textil- und Bekleidung
2.3.5 Bau- und Baustoffgewerbe
2.3.6 Druck- und Pappe-Industrie
2.3.7 Energieversorgung
2.3.8 Nahrungs- und Genußmittel-Industrie
2.3.9 Eisenbahn, Eisenbahnbau, Bahnhöfe und Straßenverkehr
2.3.10 Landw. Höfe und Waldbesitz
2.3.11 Verwaltung, Öffentlicher Dienst, Handel und Banken
2.3.12 Verschiedenes
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