Photo-Galerie
 
 
CHRONIK
von Otto Kleinschmidt
Gewerkschaften im Oberwesterwald

 

 
Industrien, Dienstleistungsbetriebe & Gewerkschaften im Oberwesterwald
Zurück Weiter 7.4 Bernhard Spöntjes

7.4 Bernhard Spöntjes

 

Abb. 7.4   Bernhard Spöntjes

 

Bernhard Spöntjes wurde am 2.1.1903 als Sohn eines Hochofenarbeiters geboren. Schon während seiner Volksschulzeit von 1909 - 1917 durfte er in Begleitung seiner Eltern die Versammlungen der KAB (Katholische Arbeiterbewegung Westdeutschlands) sowie die Veranstaltungen des Christlichen Metallarbeiterverbandes in seiner Heimatgemeinde Duisburg-Hochfeld mit besuchen. Aufgewachsen in einer kinderreichen Familie (9 Kinder), sein Vater in der Schwerindustrie beschäftigt, lernten er und seine Geschwister schon früh die kargen Lebensverhältnisse einer Arbeitergroßfamilie kennen. Kein Wunder, daß die Kinder sich schon zeitig mit dem „Wohlstandsleben“ befaßten. An einem Mittwoch des Jahres 1917 wurde er aus der achtklassigen Schule entlassen und stand am anderen Tage schon an der Bessemer Birne (Stahlveredelungsofen), um Granaten zu gießen. Es tobte ja der 1. Weltkrieg. Eine Lehrzeit gab es für ihn nicht. Jeder mußte schaffen und keiner wurde gefragt - wo und wie. Zugleich wurde er aktives Mitglied des Christlichen Metallarbeiterverbandes und durfte somit noch bei Franz Wieber, dem Gründer und Vorsitzenden des Christlichen Metallarbeiterverbandes, „auf der Schulbank sitzen“. Zugleich wurde er aktiv in der KAB und war auch eifriger Besucher der Veranstaltungen des Windhorstbundes und der Zentrumspartei. Schon früh war er in Duisburg Führer der „politischen Front junger Katholiken“. Wegen dieser gewerkschaftlichen und politischen Tätigkeit von 1917 - 1934 war er, nachdem diese Verbände und Parteien zwangsweise aufgelöst wurden, in Duisburg nicht mehr haltbar. Er zog deshalb nach Koblenz, wo seine zukünftige Gattin wohnte. Nach bestandener Prüfung bei der Industrie- und Handelskammer wurde er selbständiger Gewerbetreibender, erwarb dort eine Erfrischungshalle und verdiente damit seinen Lebensunterhalt. 1935 heiratete er seine Frau Margarete, die bis dahin bei ihren Eltern in einem Lebensmittelgeschäft gearbeitet hatte und ihn nun auch bei seiner neuen Tätigkeit kräftig unterstützte. Aus der Ehe entsprossen 3 Töchter. Da die Erfrischungshalle den Lebensunterhalt für seine Familie nicht sicherte, kaufte er noch eine Obst- und Gemüsehalle dazu. Dank der Lebensauffassung beider liefen die Geschäfte gut und er konnte aus eigenen Ersparnissen in 1938 ein 5stöckiges Haus in der City von Koblenz erwerben (an dem Platz, wo heute C.& A. ein Bekleidungshaus hat). 1941 wurde er zur Wehrmacht einberufen und mußte, da er mittlerweile Kinder hatte, sein Geschäft schließen, damit seine Frau sich der Kinderbetreuung widmen konnte. Im April 1945 wurde er an der Oderfront verwundet, so daß damit der Krieg für ihn beendet war. Im Lazarett in Berlin wurde er noch gefangengenommen und kehrte anschließend nach Koblenz zurück, wo sein Haus in Trümmern lag. In einer Ruine führte er sein Gemischtwarengeschäft zunächst notdürftig weiter. Jedenfalls war er in der Lage, seine Familie damit zu ernähren, bis er 1947/48 schwer erkrankte und wegen eines Darmverschlusses 6 Monate stationär im Krankenhaus behandelt werden mußte. Nach dürftiger Genesung und einem halben Dutzend Bauchoperationen wurde er invalidisiert und konnte sein Geschäft nicht weiter betreiben. Es war für ihn schwer, den Unterhalt seiner Familie zu bestreiten. In dieser Situation bekam er wieder Fühlung mit seinen Freunden aus der Zeit vor 1934 in Duisburg. Sein Jugendkollege aus der Gewerkschaftsarbeit Carl Zipprich war mittlerweile Vorstandsmitglied des neugegründeten DGB-Landesbezirks Rheinland-Pfalz geworden und holte ihn nach Mainz. Zunächst als Volontär. Er bekam eine dreijährige Ausbildung und befreundete sich mit der Tätigkeit als Sozialsekretär an. Viel Arbeit wartete auf ihn bei den DGB-Kreisen Koblenz und Neuwied. Als DGB-Rechtsschutzsekretär konnte er sich an den Sozialgerichten seine Sporen verdienen. Am 13.3.1952 wurde er zum hauptamtlichen Geschäftsführer des DGB-Kreises Marienberg/ Oberwesterwald zunächst kommissarisch ernannt und später auch gewählt. In dieser Funktion hatte er Gelegenheit, unzähligen Menschen in ihren sozialen Nöten zu helfen. Insgesamt 15 Jahre war er Prozeßvertreter vor Arbeits- und Sozialgerichten, 14 Jahre ehrenamtlicher Richter beim Sozialgericht. Dem Vorstand der LVA Rheinland-Pfalz gehörte er ebenso an wie dem Verband deutscher Rentenversicherungsträger. Auch in zahlreichen Ausschüssen war er tätig sowie als Versicherten­ältester der BfA seit 1955 bis ins hohe Alter. 22 Jahre, genau gesagt vom 1.7.1958 - 30.9.1980, war er Mitglied der Vertre­terversammlung bzw. des Vorstandes der AOK Oberwesterwald. Auch in den Verwaltungsausschuß des Arbeitsamtes war er berufen. 1962 wurde Bernhard Spöntjes verrentet.

Er war auch Mitbegründer der CDU Rheinland-Pfalz und Gründungsmitglied der Sozialausschüsse. Jahrelang war er Kreisvorsitzender der CDA, der christlich demokratischen Arbeitnehmerschaft. Als CDU-Mitglied war er im Stadtrat von Bad Marienberg, ebenso im Kreistag des Oberwesterwaldes, dem er von 1960 - 1969 angehörte. In den Jugend-Wohl­fahrtsausschuß wurde er ebenso berufen wie in den Kreisrechtsausschuß. Auch bei der KAB, Diözese Limburg, arbeitete er aktiv mit, und zwar als Referent und Organmitglied. Er war Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande und wurde zum 80. Geburtstag mit dem Wappenteller des DGB ausgezeichnet. Aus Anlaß seines 85. Geburtstages wurde ihm die Ehrenplakette der Stadt Bad Marienberg verliehen, auf der „Für besondere Leistungen auf sozialem Gebiet“ steht.

Zur Zusammenlegung der DGB-Kreise des Ober- und Unterwesterwaldes, auch der Landkreise und der AOKs äußerste er sich kritisch: „…Über die Zweckmäßigkeit dieser Maßnahmen sollen sich kommende Generationen unterhalten. Ich selbst bin bis heute noch nicht von irgend einem Vorteil für die Arbeiterbewegung überzeugt. Auf jeden Fall ist die volksnahe Fühlungnahme mit der Verwaltung nicht wiederhergestellt worden… Über die Notwendigkeit einer solchen Größenordnung kann man geteilter Meinung sein. Trotzdem wünsche ich diesem Großgebilde alles Gute, auch für die Arbeitnehmerbewegung des Westerwaldkreises.“

Bernhard Spöntjes verstarb am 15.2.1992 im Alter von 89 Jahren.


Zurück Weiter LESEN SIE WEITER

 

Copyright 2004